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RGOW 2017 07-08: Polen - Ukraine - Russland

RGOW 2017 07-08: Polen - Ukraine - Russland

IM FOKUS

Norbert Blech: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte rügt Russlands "Homo-Propaganda"-Gesetz

POLEN

Piotr Buras: Polens Außenpolitik auf dem Weg einer Ent-Europäisierung?
Die polnische Außenpolitik unter der PiS-Regierung wird vor allem von deren innenpolitischen Interessen bestimmt. In Abgrenzung zur Vorgängerregierung setzte sie auf Großbritannien anstelle Deutschlands als engsten Verbündeten Polens in der EU. Der Brexit und die gegenwärtige Debatte über die Zukunft der EU zeigen jedoch die Fehleinschätzungen dieser Politik. Innerhalb der EU ist Polen zunehmend isoliert, dies versucht die Regierung durch eine engere Anlehnung an die USA wettzumachen.

Bischof Krzysztof Zadarko: Die katholische Kirche in Polen und die Flüchtlingskrise
Die Aufrufe katholischer Bischöfe zur Aufnahme von Flüchtlingen im Sinne der katholischen Soziallehre und Papst Franziskus’ Botschaften stoßen in der polnischen Gesellschaft auf geringes Echo. Die Angst vor einer Islamisierung überwiegt, und die Mehrheit der Katholiken verhält sich passiv. Auf kirchliche Vorschläge zu „humanitären Korridoren“ ging die rechtskonservative Regierung nicht ein. 

UKRAINE

Andreas Umland: Zurück zu einem patronalistischen Regime in der Ukraine?
In der Ukraine sind auch nach der „Revolution der Würde“ von 2013/14 oligarchische Kräfte weiterhin einflussreich. Der neue Präsident Petro Poroschenko agiert zwar geschickter und reagiert anpassungsfähiger als sein gestürzter Vorgänger, dennoch ist seine Herrschaft bisher von ähnlichen klientelistischen Strukturen geprägt. In der Konfrontation zwischen dem alten System und Reformbemühungen ist ein klarer Positionsbezug des Westens gefragt. 

Phil Jackson: Wenn Politik die Eurovisions-Blase piekst …
Am diesjährigen Eurovision Song Contest in Kiew nahm Russland nicht teil, weil die Ukraine eine Einreisesperre über die russische Sängerin verhängt hatte, die zuvor auf der Krim aufgetreten war. Trotz Vermittlungsbemühungen konnten die Organisatoren des explizit apolitischen Anlasses, der dem Zusammenwachsen Europas dienen soll, die Schatten des politischen Konflikts nicht ausblenden.

RUSSLAND

Rustamjon Urinboyev: Arbeitsmigration und Schattenwirtschaft in Russland
In Russland leben Millionen von zentralasiatischen Arbeitsmigranten. Aus Sprach-, Informations- oder Geldmangel verfügen sie oft über keine Papiere und sind in der Schattenwirtschaft tätig, wo sie Missbräuchen ausgesetzt sind. Deshalb haben sie informelle Integrationsstrukturen entwickelt,
bei denen häufig Schutzgelderpresser die Interessen der Migranten vertreten. 

Anna Sokolova: Die Nemzov-Gedenkstätte als Besetzung des öffentlichen Raums
Nach dem Mord am russischen Oppositionspolitiker Boris Nemzov ist am Ort seines Todes eine informelle Gedenkstätte entstanden. An diesem Erinnerungsort verbinden sich sowohl Trauer als auch Protest. Diese Form des Grassrootsgedenkens ist für die Behörden nur schwer zu kontrollieren und erlaubt es der Opposition, öffentlich im Zentrum Moskaus präsent zu sein.

Tobias Köllner: Verflechtungen zwischen Religion und Politik in Russland
Die Beziehungen zwischen Staat und Kirche in Russland zeichnen sich durch ein komplexes Verhältnis von Kooperation und Konflikten aus. Das Konzept der „verflochtenen Autoritäten“ relativiert die geläufige Vorstellung einer Dominanz des Staates über die Kirche, was sich an den Beispielen Beeinflussung des Bildungsbereichs, Rückgabe von Kircheneigentum und Etablierung neuer Feiertage wie dem „Tag der Familie“ zeigen lässt. 

Alena Alshanskaya: Das Erbe von Byzanz im geschichtspolitischen Diskurs Russlands
Der russische Staat als Erbe des oströmischen Imperiums ist in Russland zu einem geschichtspolitischen Topos geworden, der von Vertretern der Politik, der Geschichtswissenschaften und der Kirche gefördert wird. Innenpolitisch soll er der Überwindung gesellschaftlicher Spaltungen und der Konstruktion einer Identität als „anderes Europa“ mit eigenen geistigen und traditionellen Werten dienen, außenpolitisch legitimiert er eine Ausweitung der russischen Interessensphäre. Die Krim wird als „Taufbecken des russischen Volkes“ in das Byzanz-Narrativ integriert.