Skip to main content

Ungarn: Ökumenisches Gedenken an Verfolgung der Roma

16. September 2014

In Budapest ist Anfang August der Verfolgung der Roma-Minderheit gedacht worden

– sowohl des Völkermordes während des Nationalsozialismus vor 70 Jahren als auch der Roma-Morde in der Ortschaft Kisléta vor fünf Jahren. Bei dem ökumenischen Gedenken in der Herz-Jesu-Kirche, zu dem die Gemeinschaft Sant‘Egidio eingeladen hatte, wurde um eine „Entwaffnung der gewalttätigen Hände und Herzen“ sowie um eine „Kultur des Zusammenlebens und der Liebe“ gebetet. Geleitet wurde das Treffen vom römisch-katholischen Bischof János Székely, der für die Roma-Pastoral zuständig ist.

Im Jahr 1944 waren in der Nacht vom 2. auf 3. August in Auschwitz-Birkenau die letzten damals noch am Leben gebliebenen 3000 Sinti und Roma des NS-Konzentrationslagers ermordet worden. Vor fünf Jahren – zwischen November 2008 und zuletzt am 3. August 2009 – gab es zudem eine Anschlagserie ungarischer Rechtsterroristen gegen die Roma-Bevölkerung. Sechs willkürlich ausgewählte Roma – darunter ein vierjähriger Junge – wurden dabei ermordet, 55 weitere verletzt. Die Ermittlungen dazu verlaufen weiterhin nur schleppend.p> Bischof Szekely erinnerte in seiner Predigt daran, dass das NS-Regime schon 1938 die „Endlösung zur Zigeunerfrage“ ausgearbeitet und ab 1940 „industrielle Tötungen“ betrieben habe. Der Bischof prangerte auch das oft unmenschliche Vorgehen der ungarischen Gendarmerie bei der Deportation der Roma nach Auschwitz an. Nur wenige Menschen hätten 1944/45 den Mut aufgebracht zu helfen. Nach der Homilie wurden alle Namen der Roma-Mordopfer der letzten Jahre genannt und ihre Geschichten erzählt, danach zündeten Kinder und Jugendliche für jedes einzelne Opfer eine Kerze an.

An der Gedenkstunde nahmen u. a. der frühere Staatspräsident László Sólyom, Budapests stellvertretender Oberbürgermeister Tamás Szentes sowie Vertreter der italienischen und US-Botschaft teil. Die Ökumene war vertreten durch den evangelischen Pfarrer László Deák, den presbyteranischen Pfarrer Aaron Stevens und dem Minister für Humanressourcen Zoltán Balog in seiner Eigenschaft als Pfarrer der Reformierten Kirche. Letzterer sorgte allerdings auch für einen öffentlichen Eklat, da der Fidesz-Politiker in seiner Rede eine ungarische Mitschuld am Völkermord an der Roma-Bevölkerung abstritt.

Kathpress, 5. August 2014.

Drucken