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Rumänien: Kritik am geplanten Bau der «Kathedrale der Rettung der Nation»

16. September 2010

In Bukarest soll die größte Kirche der Rumänischen Orthodoxen Kirche gebaut werden, doch die Kritik an dem Bauvorhaben reißt nicht ab: Die «Kathedrale der Rettung der Nation» ist ein Projekt, das auf den 2007 verstorbenen Patriarchen Teoctist zurückgeht.

Der Entwurf, der größtenteils von der Kirche selbst konzipiert wurde, sieht einen 120m hohen, in weiß gehaltenen Bau aus Stahlbeton vor, umkränzt von zehn Türmen mit vergoldeten Halbkuppeln. Das Gotteshaus, das auf einem elf Hektar großen Areal, unweit des vom Diktator Ceauşescu errichteten Volkspalastes, gebaut werden soll, soll 5000 Gläubigen Platz bieten.

Gegen das Bauprojekt regt sich jedoch Widerstand bei Gläubigen und Architekten: Die Dimensionen der geplanten Kathedrale seien der rumänischen Kirchenarchitektur völlig fremd, orthodoxe Gotteshäuser seien traditionell für wenige hundert Menschen konzipiert. Dieses traditionelle Modell habe man für die Kathedrale einfach wie einen Luftballon aufgeblasen, sagte der prominente Bukarester Architekt Dan Marin: «In der Geschichte der Architektur hat man immer für eine größere Dimension auch den Bautyp verändert. Wenn man sich also eine Kathedrale für 5000 Gläubige wünscht, kann man keine Vorlage eines traditionellen Baus nutzen, dessen Größe man einfach aufbläht und verzehnfacht. Das Resultat ist jetzt eine monströse Karikatur.» Der Architektenverband nennt den Entwurf «ein Fiasko». Zudem kritisieren viele Rumänen, dass die Kirche in der derzeitigen schweren Wirtschaftskrise soviel Geld für den Kathedralbau ausgibt, das sinnvoller für die Linderung sozialer Not eingesetzt werden könnte.

Doch die Kritik stößt bei der Kirchenleitung auf taube Ohren. Eine Nachbesserung des Entwurfs sei ausgeschlossen, erklärte Priester Constantin Stoica, der Sprecher des Bukarester Patriarchats: «Wir sehen nicht ein kompetentes Argument, das beweisen würde, dass es sich hier um ein architektonisches Fiasko handelt. Die Kirche wird die Mutter aller rumänischen Kirchen sein. Der Bauentwurf steht und es ist jetzt nur normal, dass wir ihn auch wie versprochen umsetzen.»

Zur Finanzierung des Bauvorhabens erklärte Bischof Ciprian (Spiridon) von Câmpina, Vikar des Patriarchen, die Rumänische Orthodoxe Kirche werde dazu einen Kredit von 200 Mio. Euro aufnehmen. Die Kirche weise ausdrücklich darauf hin, dass die Kathedrale «nicht aus Mitteln der öffentlichen Hand» errichtet werde, der Staat habe «nicht einen Cent dazu bewilligt». Zurückzahlen will die Kirche den Kredit laut Bischof Ciprian mit «Spenden der Gläubigen». Zu diesem Zweck werde sich die Hl. Synode in Kürze mit einem Rundbrief an alle Gemeinden der Rumänischen Orthodoxen Kirche wenden und an die Großzügigkeit der Gläubigen appellieren.

SOP Nr. 350, Juli-August 2010; www.dradio.de, 18. August 2010 – O.S.

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