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Republik Moldau: Streit um Gedenktag

19. August 2010
Der moldauische Interimspräsident, Mihai Ghimpu, hat per Erlass den 28. Juni zum Gedenktag erklärt, an dem der sowjetischen Invasion in der Moldau am 28. Juni 1940 erinnert werden soll. Ghimpu begründet seinen Schritt damit, dass dieser Tag den Beginn von Deportationen, Zwangskollektivierungen und Unterdrückung der einheimischen Bevölkerung markiere.

Bei seinem Entscheidberief sich der Präsident auch aufdie Resultate einer bereits im Februareingesetzten Historikerkommission, diedie Vergangenheit des Landes aufarbeiten soll. In der Hauptstadt Chişinău ließGhimpu an der Stelle eines künftigen Mahnmals für die Opfer der sowjetischenBesatzung vor dem Parlamenteinen Gedenkstein aufstellen, an dem er am Gedenktag Blumen niederlegte. Inseiner Ansprache forderte er Russlandals Rechtsnachfolger der Sowjetunion auf, seine Truppen aus der abtrünnigenmoldauischen Region Transnistrien abzuziehen.

Russland reagierte auf Ghimpus Erlass mit Ablehnung: In einer Mitteilung des russischen Außenamtes wird die Entscheidung,den 28. Juni zum «Tag dersowjetischen Besetzung» zu erklären,als «geplante politische Kampagne» bezeichnet, die sich gegen eine moldauisch-russische Partnerschaft richte. – Aber auch innenpolitisch stieß die Entscheidung Ghimpus, der vor allem von der rumänischsprachigen Bevölkerungdes Landes unterstützt wird und als dezidierter Antikommunist gilt, auf Kritik – auch innerhalb der Regierungskoalition«Allianz für Europäische Integration», der Ghimpus Liberale Parteiangehört. Marian Lupi, der Chef der DemokratischenPartei und Koalitionspartner von Ghimpu, forderte, den Erlasszum Gedenktag rückgängig zu machen. Lupu warf dem Interimspräsidenten vor,seinen Schritt ohne Rücksprache mit den Koalitionspartnern vorgenommen zu haben. Vladimir Voronin, früher Präsident des Landes und Vorsitzender deroppositionellen Kommunistischen Parteiverlangte gar den Rücktritt des Präsidentenund Neuwahlen.

Unterstützung erhielt Ghimpu dagegen von der Metropolie Bessarabien des Patriarchats Bukarest: Metropolit Petru (Păduraru) erklärte, seine Kirche begrüße den neuen Feiertag, denn Besatzung und Deportation seien historische Tatsachen. Da der neue Feiertag jedoch kurzfristig anberaumt worden sei, habe seine Kirche aus Zeitmangel noch keine entsprechendenliturgischen Texte erarbeitenkönnen. Die Geistlichen der Metropolie Bessarabien hätten jedoch der Opfer inkurzen Gedenkgottesdiensten gedacht. Die Moldauische Orthodoxe Kirche / MoskauerPatriarchat ignorierte dagegenden Feiertag und enthielt sich offiziell jeden Kommentars. Einzig der im Märzneu eingesetzte Bischof von Tiraspol und Dubossary, Savva (Volkov), sprach am 25. Juni an einer Tagung zum Thema «Juni 1940: Bessarabien und die nördliche Bukovina im Verband der UdSSR» vor dem Stadtrat von Dubossary von «Geschichtsfälschung»: Gewisse Politiker trieben «einen Keil zwischen unsere Länder» und versuchten, «orthodoxe Völker zu entzweien, die in Freundschaft und Glauben vereint» seien.

Mitte Juli hat schließlich das moldauische Verfassungsgericht den Gedenktag als verfassungswidrig erklärt. Die Kommunisten feierten das Urteil als Sieg gegen die amtierende Regierung. Zu früh, meinen dagegen Ghimpus Anhänger. Der Fraktionsvorsitzende derLiberaldemokraten kündigte an, seine Partei wolle nun ein Gesetz durch das Parlament peitschen, das Ghimpus Erlassentsprechen werde.

www.portal-credo.ru, 28., 29. Juni; www.religion.ng.ru, 7. Juli; www.dw-world.de, 21. Juli 2010 – O.S.

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