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Polen: Katholische Bischöfe warnen vor geplantem Gesetz über künstliche Befruchtung

23. November 2010
In einem Schreiben an Staatspräsidenten Bronisław Komorowski vom 18. Oktober hat die Polnische Bischofskonferenz eindringlich vor dem geplanten Gesetz über künstliche Befruchtung gewarnt.

Ministerpräsident Donald Tusk, dessen Mitte-Rechts-Regierung ein Gesetzesprojekt entworfen hat, das die In-vitro-Fertilisation nicht nur legalisieren, sondern auch von den Krankenkassen bezahlen lassen will, wies die Kritik der Bischofskonferenz zurück und warb für eine sachliche Debatte: Politiker müssten sich vor den Menschen, nicht vor den Bischöfen verantworten. Im Gegensatz zu Regierungssprecher Paweł Gras gestand er den Kirchenvertretern allerdings das Recht zu, in dieser politischen Frage Stellung zu nehmen.

Die Befruchtung im Reagenzglas ist bisher in Polen nicht gesetzlich geregelt und wird ohne Einschränkung praktiziert, nicht aber von der Krankenkasse bezahlt. Die rechtsliberale Regierungspartei Bürgerplattform ist in der Frage gespalten: Ein Teil der Fraktion fordert enge Grenzen für die Methode, ein anderer plant ein liberales Gesetz. Die oppositionellen Sozialdemokraten wollen die künstliche Befruchtung künftig von der Krankenkasse finanzieren lassen, während die konservative Opposition ein Totalverbot fordert.

Letztere wird dabei von den katholischen Bischöfen unterstützt: Die In-vitro-Fertilisation sei weder mit «wissenschaftlichen Tatsachen» über den Beginn des menschlichen Lebens noch mit den Zehn Geboten und dem Evangelium vereinbar. Bei der Befruchtung im Reagenzglas würden Embryonen getötet oder eingefroren; diese Methode sei die «jüngere Schwester der Eugenik – ein pseudomedizinisches Verfahren – mit den schlimmsten Assoziationen aus der nicht so fernen Geschichte». Zudem seien mögliche negative Auswirkungen wie Frühgeburt oder genetische Krankheiten nicht ausreichend erforscht, was für die so empfangenen Kinder gefährlich sei.

Der Vorsitzende der bischöflichen Kommission für Bioethik, Erzbischof Henryk Hoser von Warschau-Praga, drohte den Abgeordneten gar mit Exkommunikation, sollten sie dem Gesetzesentwurf der Regierung zustimmen. Kritiker warfen daraufhin dem Erzbischof Erpressung vor. Auch der emeritierte Danziger Erzbischof Tadeusz Goclowski widersprach Erzbischof Hoser: Exkommunikation sei allein Sache des Papstes, nicht aber der Bischöfe.

Ende Oktober hat das Parlament vorerst beschlossen, fünf der sechs eingereichten Gesetzesentwürfe weiterhin in den Sejm-Kommissionen zu prüfen. Ein Entwurf, der bis zu fünf Jahren Haft für die Anwendung der künstlichen Befruchtung vorsah, wurde zurückgewiesen.

Kathpress, 19., 21. Oktober; Süddeutsche Zeitung, 22. Oktober 2010 – R.Z.

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