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Erfolgreiche Sitzung der Interorthodoxen Vorbereitungskommission in Chambésy

25. Januar 2010

Im Orthodoxen Zentrum des Ökumenischen Patriarchats in Chambésy bei Genf fand unter dem Vorsitz von Metropolit Ioannis (Zizioulas) von Pergamon (Ökumenisches Patriarchat) vom 9. bis 17. Dezember eine Sitzung der Interorthodoxen Vorbereitungskommission für das Große Panorthodoxe Konzil statt.

An der Sitzung nahmen hochrangige Vertreter der Patriarchate Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien, Jerusalem, Moskau, Georgien, Serbien, Rumänien und Bulgarien sowie Hierarchen der orthodoxen Kirchen von Zypern, Griechenland, Albanien, Polen sowie der Tschechischen Lande und der Slowakei teil.

Auf der Tagesordnung stand die Klärung dreier strittiger Fragen: der Autokephalie, d. h. der vollen Selbständigkeit einer Kirche und des Modus ihrer Proklamation; der Autonomie, d. h. der inneren Selbständigkeit einer Kirche und des Modus ihrer Proklamation; sowie der Diptychen, also der kanonischen Reihenfolge der einzelnen orthodoxen Kirchen. Aufgrund der großen gesellschaftspolitischen Veränderungen des 19. und vor allem 20. Jh.s - Entstehung neuer Staaten, Grenzverschiebungen, Migrationsbewegungen - stößt die traditionelle jurisdiktionelle Einteilung der Orthodoxie an ihre Grenzen: Zum einen sind orthodoxe Gemeinden und Kirchen in Ländern entstanden, in denen die Orthodoxie zuvor nicht vertreten war, zum anderen haben auch in Gebieten, die seit langem zum Einzugsgebiet der Orthodoxie gehören, politische Veränderungen zu Spannungen geführt (z. B. in der Ukraine).

Zur Frage der Autokephalie schlägt die Kommission Folgendes vor: Für den Fall, dass eine kirchliche Entität ihrer Mutter-Kirche den Wunsch nach Autokephalie vorlegt, muss die Mutter-Kirche die ekklesiologischen, kanonischen und pastoralen Voraussetzungen für ihre Entlassung in die Autokephalie durch ein Landeskonzil prüfen lassen. Stimmt das Konzil zu, so setzt die Mutter-Kirche das Ökumenische Patriarchat darüber in Kenntnis. Dieses wiederum informiert die übrigen autokephalen Landeskirchen und klärt ab, ob zur angestrebten Autokephalie ein panorthodoxer Konsens besteht. Dieser ist gegeben, wenn jede der autokephalen Landeskirchen auf einem Landes- oder Bischofskonzil ihre Zustimmung erklärt. Liegt der Konsens vor, so verkündet der Ökumenische Patriarch offiziell die neue Autokephalie und stellt darüber eine Urkunde, den Tomos, aus, welcher die Unterschrift des Ökumenischen Patriarchen trägt, die durch die Unterschriften der Oberhäupter aller orthodoxen Kirchen beglaubigt werden muss, die eigens dazu vom Ökumenischen Patriarchen eingeladen werden. - Fragen zu Inhalt und Unterzeichnungsmodus des Tomos sollen auf der nächsten Sitzung der Interorthodoxen Vorbereitungskommission erörtert werden.

Ein vergleichbares Prozedere gilt nach Übereinkunft der Kommission auch für die Gewährung der Autonomie: Einem Teil ihrer kanonischen Jurisdiktion die Autonomie (nicht) zu gewähren, liege ausschließlich in der Kompetenz einer autokephalen Kirche, der dieser angehört, wobei es in der kirchlichen Praxis verschiedene Stufen von Autonomie geben kann. Die autokephale Kirche nimmt das Gesuch um Autonomie entgegen und prüft deren Gründe sowie die Voraussetzungen. Bei einem positiven Entscheid erlässt sie einen entsprechenden Tomos, der die territorialen Grenzen der autonomen Kirche sowie ihre Beziehungen zur autokephalen Kirche festlegt, der sie gemäß den Kriterien der kirchlichen Tradition angehört. Anschließend informiert das Oberhaupt der autokephalen Kirche das Ökumenische Patriarchat sowie die übrigen autokephalen Kirchen über die Proklamation der Autonomie. Für den Fall von Unstimmigkeiten - insbesondere wenn zwei autokephale Kirchen einer kirchlichen Entität in demselben geographischen Raum einen Autonomiestatus verleihen - sehen die gefundenen Beschlüsse ein spezifisches Prozedere vor, um zu einer kanonischen Regelung zu gelangen.

Die Frage der Diptychen wurde aus Zeitmangel auf die nächste Sitzung der Interorthodoxen Vorbereitungskommission verschoben. Erzpriester Nikolaj Balaschov, eines der Mitglieder der Delegation des Moskauer Patriarchats, bezeichnete das Ergebnis gegenüber der russischen Presse als «überaus erfolgreich». Die Ausgangspositionen seien zunächst «zum Teil geradezu diametral entgegengesetzt» gewesen, doch sei es gelungen, die Standpunkte einander «wesentlich näher zu bringen », so dass man zu einstimmigen Ergebnissen gekommen sei. Zwei Faktoren seien bei der Gewährung der Autokephalie von «entscheidender Wichtigkeit»: Die Billigung durch die Mutter-Kirche sowie der gesamtorthodoxe Konsens. Bisher habe man über kein von der Gesamtorthodoxie anerkanntes Verfahren für die Gewährung der Autokephalie verfügt - damit sei in Chambésy ein wichtiger Schritt getan worden. Die Oberhäupter aller orthodoxen Landeskirchen werden nun diese Ergebnisse an der V. Panorthodoxen Vorkonziliaren Konferenz prüfen und definitiv darüber entscheiden.

Die letzte Konferenz fand vom 6. bis 13. Juni in Chambésy statt, der Termin für die nächste Konferenz steht noch nicht fest.

Communiqué du Centre orthodoxe du Patriarchat Oecuménique, 17. Dezember; www.portal-credo.ru, 12., 17., 18. Dezember 2009 - O.S.

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