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Bosnien-Herzegowina: Islamische Gemeinschaft kritisiert Kardinal Puljić

16. Februar 2012
Der Pressedienst des Rijaset, des obersten religiösen und administrativen Organs der Islamischen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina, hat Äußerungen des Erzbischofs von Sarajevo, Vinko Kardinal Puljić, kritisiert, wonach sich ein radikaler Islamismus im Land ausbreite und die Katholiken an den Rand gedrängt würden.

Laut dem Pressedienst sei es zu bedauern, dass der Kardinal «auf eine solch Art seine Stadt, sein Land und seine Nachbarn [d. h. die Muslime] seinen katholischen Mitbrüdern im Ausland vorstelle und auf diese Weise zwei verschiedene Gesichter, eines für die internationale und eines für die heimische Öffentlichkeit, zeige.»

Kardinal Puljić hatte bei einem Besuch der Zentrale des katholischen Hilfswerks «Kirche in Not» in Königsstein Mitte Januar den Bau immer neuer Moscheen und islamischer Zentren in Bosnien- Herzegowina mit Geldern vor allem aus Saudi-Arabien beklagt. Zudem hatte er erklärt, dass sich derzeit zwischen 3 000 bis 5 000 – zumeist aus dem Ausland stammende – Wahhabiten im Land aufhielten und versuchten, Einfluss auf die Gesellschaft zu gewinnen. Dabei kritisierte der Kardinal besonders das Verhalten der bosnischen Regierung: «Niemand in der Regierung hat den Mut etwas zu unternehmen, um diese Entwicklung zu stoppen.» Gleichzeitig würden die Katholiken in Bosnien-Herzegowina «systematisch benachteiligt». Denn während ständig Moscheen restauriert oder neugebaut würden, gebe es bei den Baugenehmigungen für katholische Kirchen oft jahrelange Verzögerungen. In seiner Stellungnahme warf der Pressedienst des Rijaset die Frage auf, warum Kardinal Puljić solche Themen im Ausland, aber nicht gegenüber dem Oberhaupt der Islamischen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina, Reisul- ulema Mustafa ef. Cerić, anspreche – schließlich seien beide noch zuletzt am 9. Januar zusammengetroffen und außerdem sei der Reisu-l-ulema weltweit ein geachteter Partner im islamischkatholischen Dialog. Zudem stellte der Pressedienst die Frage, ob der Kardinal im Ausland auch über die Zahl der angeklagten katholischen Kroaten wegen Kriegsverbrechen in Bosnien-Herzegowina spreche und darüber, wer die Alte Brücke Mostar zerstört habe.

Den Vorwurf, doppelgesichtig aufzutreten, hat Kardinal Puljić unterdessen entrüstet zurückgewiesen: «Hat jemand ein größeres Recht diese Stadt zu lieben als ich? Gerade weil ich sie liebe, wünsche ich, dass in ihr Gerechtigkeit und Gleichberechtigung herrschen.» Da die katholischen Kroaten sich aber im größeren Teil von Bosnien-Herzegowina in der Minderheit befinden, würden sie oftmals gegenüber der jeweiligen Mehrheitsbevölkerung ungleich behandelt.

Auf diese Erklärung des Kardinals reagierte der Pressedienst des Rijaset mit einer neuerlichen kritischen Stellungnahme und schlug ihm vor: «Wenn Kardinal Puljić wahrlich zum einem wahrhaften Zusammenleben und zu Toleranz zwischen Katholiken und Muslimen in Bosnien- Herzegowina steht, ist es uns gestattet, ihn im Namen von Reisu-l-ulema Mustafa ef. Cerić einzuladen, dass sie beide alle Orte besuchen, wo Katholiken und Muslime zusammen oder nebeneinander leben […], und sich an Ort und Stelle von der Gleichberechtigung ihrer Gläubigen überzeugen – sowohl dort, wo die katholischen Kroaten in der Mehrheit sind, als auch dort, wo die muslimischen Bosniaken in der Mehrheit sind.»

Kathpress, 24. Januar; www.ktabkbih.net, 25., 28. Januar; www.rijaset.ba, 20., 29. Januar 2011 – S.K.

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